aus unserer Schatzkiste:

Wie die Goldhaube nach Pabneukirchen kam

Primiz von Johann Baireder, 1950
Primiz von Johann Baireder, 1950

Ihr sollt die Wahrheit erfahren.

Erforscht und erzählt von Karl Leitner, 2011.                       

 

Wer bei uns erfahren will, wie und wann denn die Goldhaube nach Pabneukirchen gekommen sei, stößt unweigerlich an eine Grenze des Schweigens. Jedes heimatgeschichtliche Werk verweigert in diesem Punkt die Auskunft. Und selbst die mündliche Überlieferung weiß nur zu berichten, dass es um 1900 ein paar mutige Frauen aus dem Markte gab, die erstmals diese goldenen Dinger auf ihren Köpfen getragen hätten.

Wen wunderts, dass sich schließlich doch einmal ein etwas rundlicher, aber durchaus gutmütiger Herr aus dem Goldhaubenkreis aufgemacht hat, um das Geheimnis oder besser gesagt, das Rätsel der Entstehungsgeschichte den schweigsamen Geschichtsquellen zu entreißen. Und in der Tat! Kraft seiner forschenden Hartnäckigkeit gelang es ihm, die Details der Goldhauben–Gründerzeit in Pabneukirchen Stück um Stück der Nachwelt zu sichern. 

Im Jahre 1858 wurde Anton Mühlbauer hier in Pabneukirchen Pfarrer. Er wirkte mit großem pastoralem Eifer und erwarb sich in kürzester Zeit die Liebe aller Bürger.

1871 wurde er zum Dechant des Dekanates Pabneukirchen ernannt. Eine hohe Auszeichnung, wenn man bedenkt, dass er damals 22 Pfarren unter seinen Fittichen zu betreuen hatte.

 

Böse Zungen behaupten, der frisch ernannte Dechant hätte wegen des Ansehens seiner Person und vornehmlich wegen der Größe seines Dekanatssitzes den bis dato äußerst niedrigen Kirchturm, der kaum über das normale Kirchendach hinausreichte, noch dazu ausgeführt als bescheidener Zwickelturm mit hölzernen Schindeln gedeckt, um ganze 17 Meter auf die heutige Höhe von stattlichen 45 Metern aufgestockt.

Und als dann bereits im nächsten Jahr, 1872, die Turmkreuzsteckung erfolgte, und das mitsamt dem Schaft drei Meter hohe neue Turmkreuz im Sonnenschein so blendend golden auf die feiernde Pfarrgemeinde hernieder strahlte, habe sich der honorige Dechant zu den zahlreichen Frauen, ihre Häupter geschmückt mit den schwarzen Kopftüchern, gewandt und nicht ganz uneigennützig gesagt: 

„Heute hätten zu unserem Fest solche Goldhauben gepasst, wie die vornehmen Linzerinnen sie jetzt schon häufig bei großen feierlichen Anlässen tragen.

 

Solche Worte verhallten nicht ungehört, und eine kleine Gruppe von ehrgeizigen Bürgersfrauen fasste zunächst Mut, diese priesterliche Anregung in Bälde zu realisieren.

Doch – wie so oft im Leben – sollte es anders kommen. Der beliebte Dechant zog es nach etwa 5 Jahren vor, Pabneukirchen zu verlassen. Just zu dem Zeitpunkt, da man sein Dekanat um sage und schreibe 14 Pfarren verkleinerte. 

 

Sein Nachfolger war Pfarrer Leopold Grenzlehner. Dieser hatte mit seinem Kaplan Anton Haberkuk, oh verzeihen Sie, Anton Haberkorn, üblen Streit. Beide vertrugen sich wie die sprichwörtlichen Viecherl Hund und Katz` und lebten überdies in einem Dauerstreit, der schließlich sogar die Pfarrbevölkerung in zwei Lager spaltete. Dass so ein Spaltpilz sogar die besten Ideen lahm legte und vergessen ließ, ist nur allzu verständlich.

Bezeichnender Weise hieß das erste Theaterstück unserer damals neu gegründeten Liedertafel, das ein Jahr nach dem erzwungenen Abschied der beiden streitsüchtigen Priester aus unserer Pfarre aufgeführt wurde, tatsächlich „Die beiden Prozeßhanseln“.

 

Nomen est omen, wie der Lateiner sagt, jedenfalls ein symbolträchtiger Hinweis auf die beiden geistlichen Gefäße im scheinbar so friedfertigen Pfarrhaus.

 

Als aber 1890 ein Jurist namens Dr. Vinzenz Koberger die pfarrliche Leitung übernahm, noch dazu ein überzeugter Patriot und Freund des Kaiserhauses, kehrte die Lebensfreude nach Pabneukirchen zurück und die Ortskultur erblühte zu neuer Größe und Schönheit.

Da erinnerten sich nun die Bürgersfrauen wieder der Worte des früheren Dechants von den Linzer Goldhauben. Und weil nun das menschliche und kulturelle Umfeld passte, wurde allen Ernstes dieser Vorschlag wieder aufgegriffen. Und tatsächlich begann man in den kalten Wintermonaten die ersten Goldhauben zu sticken.

Das hättet ihr sehen sollen!

Alle Augen, nicht nur die der Männer, starrten am Fronleichnamstag des Jahres 1900 auf die sechs Bürgersfrauen, genau genommen auf deren neu funkelnden Goldhauben, denen es an diesem Tag gegönnt war, bei der Prozession in einen etwas unlauteren Wettstreit mit dem Allerheiligsten zu treten.

 

Seither also gibt es die Goldhauben in unserem Ort. Ihr Nachweis im 20 Jahrhundert ist durch mehrere Fotos gesichert, nicht zuletzt durch die Fotos mit den drei Primizianten Heinrich Berger, 1938, Leopold Naderer, 1949 und Johann Baireder, 1950. Das Erfreuliche aber daran ist, dass die Goldhaube das schwarze Kopftuch nur zeitweise, aber nicht ganz zu verdrängen vermochte. 

Ein kleiner Nachsatz sei noch erlaubt:

Die geschichtlichen Unterlagen verdankt der Erzähler dem zweiten Pabneukirchner Heimatbuch aus dem Jahr 1988. Außerdem bittet er um Nachsicht, dass er sich zu einem kleinen Teil der eigenen Phantasie bediente. Andererseits aber ist dafür Vergangenes und bereits Vergessenes somit wieder in unser Bewusstsein zurückgeholt worden. – Ich danke.