Zur Sache: Die Handschrift auf der Goldhaube

 Auch wenn am Ende immer eine edle Goldhaube entsteht, so hat doch jede Stickkursleiterin eigene Zugänge und Techniken. Man kann sagen: viele Goldhauben tragen eine Unterschrift – allem voran natürlich die der Stickerin, dennoch kann man manches über die Stickkursleiterin und das Alter der Haube an einer Goldhaube ablesen. 

 

Die wachsende Zahl der Mitglieder in den Goldhaubengruppen in den 70er und 80iger Jahren im Bezirk Perg ist zu einem großen Teil auch den Stickkursleiterinnen Frau Brigitte Luftensteiner, Frau Maria Tauber und Frau Konsulentin Gintersdorfer zu verdanken, die durch viele Jahre im Bezirk Goldhaubenstickkurse abhielten (aus einer Rede von Frau Glisic, ca. 1998).

Hinzugekommen sind auch noch die Stickkursleiterinnen Grete Hammel und Herta Heiligenbrunner, die sich um die Vervielfältigung der Goldhaube in unserem Bezirk verdient gemacht haben. Bereits davor wurden einige Hauben unter Anleitung von Frau Haiden aus Linz gefertigt, aus dem Bezirk Freistadt leiteten Frau Kastner manche Stickerin an.

 

Die charakteristischen Merkmale für Hauben bestimmter Kursleiterinnen sollen hier kurz vorgestellt werden, wobei die besonders typischen Elemente herausgearbeitet werden – natürlich sind auch immer Abweichungen möglich. Generell ist festzuhalten, dass die Stickkurs-Pionierinnen sehr typische Hauben hervorgebracht haben, während die Hauben von späteren Kursleiterinnen nicht mehr so eindeutig zuordenbar sind, da sie auf einem “best of” beruhen und für sie schon ein Rückgriff auf umfassendere Literatur möglich war.

 

Stickkursleiterin Brigitte Luftensteiner

Kurse in Grein, Münzbach, Saxen, Waldhausen, Windhaag, Mitterkirchen

Merkmale:

-        Gewebe: hochwertiges textiles Lurexgewebe mit rautenförmiger Webstruktur, gute Farbstabilität

-        Muster: individuell einzigartige, oft großzügige Muster mit sehr plakativer Wirkung, flächige Stickerei in klassischer Goldsticktechnik und Bouillonarbeit (ähnlich der Paramenten- und Klosterarbeitstechnik).

-        Bestickung mit großen, luxuriösen Teilen, unterer Randabschluss: Borte

-        Knauf: großer Knauf, oft mit Seidenpapier innen gestützt. Der Knauf wurde in der Regel ohne gebuckelte Stickerei angefertigt. Großzügige Verwendung von Bouillon zur Befestigung der Schüsserl und Flitter, viele Elemente äußerst dicht überlappend. Manche Hauben haben nicht mehr das sehr typische Erscheinungsbild, weil der Knauf nachträglich umgearbeitet wurde.

 

-        Masche: meist Maschinklöppelspitze mit runden Enden.

 

Stickkursleiterin Therese Gintersdorfer

Kurse in Allerheiligen, Baumgartenberg, Münzbach, Windhaag

Merkmale:

-        Gewebe: immer auf Maschinwebe gestickt – sehr gute Farbeigenschaften, typisches Aussehen mit horizontalen Linien

-        Muster: sehr typische Muster nach Entwürfen der Kursleiterin oder aus der Mustermappe des Heimatwerkes

-        Bestickung: sehr dicht, sodass fast kein Gewebe durchscheint, unterer Randabschluss: meist Soutacheband

-        Knauf: typische Knaufmuster nach Entwurf der Kursleiterin – im Regelfall gibt es ca. 5 verschiedene Grundvarianten mit exakt vorgestanzten Filzformen, die in gebuckelter Stickerei individuell ausgelegt werden, dabei ist der Grundriss der Filzplättchen etwas größer und besitzt eine spezielle Form. Die Teilchen greifen am fertigen Knauf exakt ineinander, sodass kein Ausflittern zwischen den Elementen notwendig oder möglich ist. Die einzeln gestickten gebuckelten Elemente wurden auf ein in einen Rahmen gespanntes Grundgewebe genäht und daraus dann der Knauf geformt, dadurch sehr regelmäßige und symmetrische Knäufe. In der Regel ist der Knauf innen geleimt. Nicht geleimte Knäufe deuten auf spätere Hauben hin bzw. auf ähnliche Hauben einer Nachfolgerin.

 

-        Masche: Gintersdorfer-Hauben haben eine Tüllmasche, die an den Enden immer abgerundet ist.

 

Stickkursleiterin Haiden

Kurs in Mauthausen

Merkmale:

-        Gewebe: eher locker wirkende Handwebe, die die Stickerinnen in langwieriger Arbeit selbst gewebt haben.

-        Muster: unterer Randabschluss mit Borte

-        Bestickung: reichlich Perlen, schwer, in Anlehnung an historische Bouillon-Sticktechnik, Folien nie mit Bouillon umrandet (nur mit einem quer laufenden Bouillon-Stück oder mit Perlen befestigt)

-        Knauf: wenig gebuckelte Stickerei (wenn, dann nur dünner Filz).

 

-        Masche: Maschinklöppelspitze mit gebogenem Ende.

 

Stickkursleiterin Maria Tauber

Kurse in Bad Kreuzen, Baumgartenberg, Perg, Dimbach, Ried/Riedmark, Klam, St.Georgen/Gusen, Luftenberg, St.Georgen/Walde, Mauthausen, St. Nikola, Münzbach, Schwertberg, Pabneukirchen, St. Thomas

Merkmale:

-        Gewebe: immer auf Moser-Handwebe, die über die Jahre ein unterschiedliches Erscheinungsbild zeigt (in den 70-igern goldiger, danach mit einem leichten silber-grau-Stich, später wieder sehr gelb-golden).

-        Muster: in den Anfangsjahren eigene Gestaltung, danach großteils aus der Mustermappe des Heimatwerkes, als Randabschluss fast immer eine überlappende Flitterreihe, die mit einem stärkeren Vorlegfaden übernäht wird (z.b Frisee oder Schnur).

-        Bestickung: sehr individuelle Ausführung – geprägt nach Wünschen und Budget der Stickerin. Sehr kreative Gestaltungsideen bei Ähren und Blumen mit Flitter und Bouillon (kostengünstiger, dafür umso fantasievoller). Insbesondere im oberen, unsichtbaren Bereich des Bandes lockere Bestickung nach dem Motto “ist eh schon genug, sonst wird sie zu schwer”. In den ersten Jahren auch flächige Stickerei mit Perlen (Füllungen)

-        Knauf: Tauber-Knäufe sind meist sehr typisch. Gestickt wurden im ersten Schritt viele (20-25) kleine runde oder ovale Elemente sowie 2 Schnüre (im Durchmesser von etwa einem Flitterplättchen) und 2 etwas größere Ähren oder ähnliche Formen (alles auf Filz). Dann wurden die Filzelemente gemeinsam mit den Bändern auf der vorgeformten Knaufkugel (bzw. zylindrischer Form) angeordnet. Die Schnüre/Bänder sind bei dieser Art des Knaufes für die Stabilität zuständig, daher wurde er übliche Weise nicht geleimt. In den ersten Jahren oft recht unterschiedlich hohe gebuckelte Elemente.

-        Masche: auf originalen Tauber-Hauben ist fast immer eine Masche aus Maschin-klöppelspitze angebracht, deren Enden rechteckig ausgeformt ist und die immer mit dem Flügel endet (nicht über den Flügel hinaussteht).

  

Stickkursleiterin Kastner

Mauthausen, St. Thomas

Merkmale:

-        Gewebe: dichte Handwebe mit sehr charakteristischer Linienoptik, die von den Stickerinnen selbst gewebt wurde (1 Jahr weben, 1 Jahr sticken). Sehr farbstabiles Gewebe.

-        Muster: sehr auffällige Muster

-        Bestickung: Verwendung von aufgenähten und überstickten goldenen Posamentrieborten im Muster sowie am unteren Rand, durch mehrere Ebenen sehr starke 3D-Wirkung der Bestickung, gebuckelte Elemente auch am Haubenband möglich.

-        Knauf: große gebuckelte Elemente, auf ein separates Handwebstück gestickt.

-        Masche: Klöppelspitze mit runder Ausformung an den Enden.

 

Stickkursleiterin Grete Hammel

Kurse für Waldhausen, Ried, Naarn

Merkmale:

-        Gewebe: Maschinwebe mit typischer Linienzeichnung

-        Muster: Variantenreich, in Anlehnung an Gintersdorfer und Heimatwerk,

-        Bestickung: Facettenreich, Berücksichtigung historische Stickttechnik und Optik, jedoch auch gelegentlich ohne Bouillon aufgenähte Folien, überstickte Borte am unteren Rand. In der Regel sehr reiche Bestickung – entweder durch entsprechend dichte Anordnung der Elemente oder lockere Anordnung etwas teuerer Elemente.

-        Knauf: ähnlich Gintersdorfer, etwas kleiner geformt.

-        Masche: Tüllmasche mit runder Ausformung der Enden.

 

Stickkursleiterin Herta Heiligenbrunner

Kurse in Grein, Mauthausen, Münzbach, St. Thomas, Dimbach,

Merkmale:

-        Gewebe: meist Moser-Handwebe

-        Muster: gerne aus der Mappe des Heimatwerkes, jedoch offen für Neues und eigene Kreativität

-        Bestickung: als “Schülerin” von Frau Tauber oft in Anlehnung daran, jedoch auch modernere Ansätze (reduzierte grafische Muster), bei denen das hochwertige Haubengrundgewebe gut zur Geltung kommt. Besonderes Augenmerk auf saubere, exakte, handwerklich richtige Verarbeitung, die auch beim Endprodukt zum Ausdruck kommt.

-        Knauf: technisch ähnlich dem Knauf von Fr. Tauber, mit Schwerpunkt auf einen gut geformten, ebenen, symmetrischen und genau ausgeführten Knauf. Größere Vielfalt in der Zusammensetzung der Knaufelemente (Größe, Bestickung und Form), zwischen den Elementen gerne großzügige Verwendung von kleinen Flittern und Perlen.

-        Masche: Tüllspitze oder Köppelspitze, gelegentlich auch aus historischen Spitzen.

 

Wie an den gezeigten Beispielen abzulesen ist: Jede Goldhaube ist – auch wenn sie nach gleicher Vorlage gearbeitet ist – individuell. Sie bringt Vorlieben, Kreativität und Kunstfertigkeit der Stickerin zum Ausdruck. Alle tragen jedoch auch die Handschrift einer Stickkursleiterin – vielmehr noch: deren Überschrift – denn oft ist der Knauf das typischste Element an der Goldhaube.

 

 

Wir bedanken uns bei den Leihgeberinnen für die arttypischen Hauben:

Maria Hölzl, Naarn

Gertrud Fröschl, Baumgartenberg

Familie Brunner, Mauthausen

Edeltraud Grünberger, Bad Kreuzen

Bettina Auböck, Mauthausen

Karin Rammer, Ried/Riedmark

Silvia Glocker, Mauthausen

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Die Handschrift auf der Goldhaube
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