Zur Sache: Meine Haube und ich

Der Ausgang mit der Haube soll eine Freude sein. Dazu ist es wichtig, dass die Form und der Sitz der Haube stimmen. Grundsätzlich gilt: die Haube wird so getragen, dass man sich selbst damit wohl fühlt. Dennoch sollten ein paar Gegebenheiten berücksichtigt werden.

 

Die Haube tragen - wie eine Krone

Eine Dame die 1855 zumindest die Goldhaube stilgerecht trägt: Titelbild aus „Das neue große geprüfte und bewährte Linzer Kochbuch“, entnommen aus F. C. Lipp
Eine Dame die 1855 zumindest die Goldhaube stilgerecht trägt: Titelbild aus „Das neue große geprüfte und bewährte Linzer Kochbuch“, entnommen aus F. C. Lipp

F. C. Lipp informiert uns im Buch Goldhaube und Kopftuch über die stilgerechte Trageweise einer Goldhaube: man trägt die Goldhaube in der Art, dass „… die Stirn bis zum Haaransatz so weit frei bleibt, dass die Haare eben noch das Gesicht umrahmen. Knaufspitze und Flügelspitze befinden sich ungefähr in einer Ebene“.

 

Eine Hilfe kann es sein, die Haube mit zwei Fingern am Knauf zu fassen und den Schwerpunkt zu bestimmen. Meist ist dies auch die optimale Trageposition. Die Haube sollte nicht nach hinten hängen, aber auch das Gegenteil, sie wie einen Helm aufzusetzen, ist nicht richtig.

 

Bereits A. Ratzenböck gibt uns in ihrer Publikation Die Pracht der Tracht einige Ratschläge zur Frisur: “Wenn man auch nicht viel von der Frisur sieht, so soll aber doch eine Frisur vorhanden sein“ und: „Nur nicht Haare waschen vor einem Goldhaubenfest – diese Parole kriegt man als Geheimtipp … oft zu hören. Im Zeitalter … der Haarfestiger und ähnlicher Friseurbehelfe (z.B. Haarpuder, Anm.), ist das sicher nicht mehr das oberste Gebot…“

 

Ein eingenähter Kamm kann hilfreich sein, um der Haube einen guten Sitz zu geben, er braucht jedoch einen Widerstand. Haarspangerl am seitlichen Rand sollten unbedingt vermieden werden, weil sie über kurz oder lang die Stickerei beschädigen. Wenn möglich sollte genügend Zeit zum Aufsetzen der Haube eingeplant werden, denn der optimale Sitz ist mit Ruhe meist besser zu finden.

 

Die Goldhaubenfrauen im Passauerland führen den schönen Leitspruch „Wie eine Krone – die Goldhauben im Glanz der Tradition“. Und genau das kann unsere Haltung zeigen: wir tragen unsere Haube nicht wie ein Bürde, sondern mit Würde – eben wie eine Krone.

 

Die Haube hegen – wie eine Perle

Nach dem Tragen sollte die Haube einige Stunden auslüften, bevor sie wieder in die Schachtel gegeben wird. Regen schadet der Haube nicht, wichtig ist jedoch, sie dann einige Tage gut trocknen zu lassen, bevor sie wieder in die Schachtel kommt.

 

Die Haube sollte optimaler Weise mit Baumwollhandschuhen oder einem Stofftaschentuch angefasst werden, zumindest aber mit gewaschenen Händen.

 

Neue, oft selbst gestickte Hauben sind für die Besitzerin besonders wertvoll. Auch bei dieser Haube ist die gewissenhafte Behandlung und Lagerung sehr wichtig: die Haube wird mit säurefreiem Papier in die Schachtel versenkt. Die Schachtel sollte luftdurchlässig sein und nicht auf einem Kasten sondern in einem Kasten verwahrt werden. Der Kasten sollte möglichst nicht an einer Außenmauer und auch nicht im Schlafzimmer stehen, da die feuchte Atemluft der Haube schadet.

 

Die Haube pflegen – wie einen Schatz


aus: A. Ratzenböck, Die Pracht der Tracht
aus: A. Ratzenböck, Die Pracht der Tracht

 

Alte Goldhauben aus der Biedermeierzeit haben gelegentlich schon etwas Patina angesetzt – sie können von Fachleuten gereinigt werden. Manchen Hauben verhelfen auch ein neues Futter und ein paar ergänzte Flitter wieder zu einem gepflegten Erscheinungsbild. Allerdings sollten auch hier Fachleute zu Rate gezogen werden, da altes Silbermaterial nicht mit neuem Kupfermaterial gemischt werden darf! Die Masche einer alten Haube – egal ob Papier oder bestickter Tüll - sollte nicht leichtfertig erneuert werden, eventuell kann die wertvolle originale Masche ausgebessert werden.

 

Neue Hauben sollten sich bei sachgemäßer Lagerung nicht verfärben.

 

Durch häufiges Aufsetzen hat die Haube oft schon einen halbkugelige Helmform angenommen. Keine Angst: das Haubengestell kann gelegentlich von innen her ausgebogen werden, um wieder eine passende Form zu finden. Die Haube wird stabiler, wenn die beiden Seiten des Flügels nicht ganz dicht aneinander liegen, sondern etwas nach außen gebaucht werden. Ebenso lohnt sich ein regelmäßiger Blick auf die Haube, ob Bouillonfäden abstehen. Diese sollten abgeschnitten werden, bevor größerer Schaden entsteht, weil man an einem Bouillonfäden hängen bleibt. Falls der Knauf nicht mehr gut sitzt, kann auch dieser wieder fester nachgenäht werden.

 

Zuletzt noch ein paar Worte zur Masche: auch die Masche kann sehr variantenreich geformt werden. Wenn wir auch hier wieder von historischen Entwicklungen und Vorlagen ausgehen ist festzuhalten, dass die Masche keinesfalls wie ein Propeller abstehen soll und bei der Lagerung der Haube mit Klopapierrollen gestützt werden muss. Viel eher sollte sich die Masche nach unten neigen, ähnlich einer gebundenen Seidenschleife, die locker nach unten fällt und damit den Übergang vom Knauf zum Flügel kaschiert.

 

… damit wir unseren Schatz immer wieder gerne aus der Schachtel holen.

 

Literatur: 

Lipp, Franz Carl: Goldhaube und Kopftuch, Oberösterreichischer Landesverlag, Linz, 1980

Ratzenböck, Anneliese: Die Pracht der Tracht, LandesVerlag Ges.m.b.H Linz, 2. Auflage 1985

 

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Bilderserie: Meine Goldhaube unter der Lupe

Hier zeigen wir beispielhaft eine Goldhaube, die schon oft getragen wurde. Vom häufigen Aufsetzen ist sie schon etwas zerdrückt, auch andere Mängel haben sich eingeschlichen. Die Korrekturen können von jeder Goldhaubenfrau selbst vorgenommen werden, Baumwollhandschuhe sind beim Hantieren empfehlenswert. Hier eine Vorher - Nachher Serie

Vorher: die Goldhaube mit Gebrauchsspuren

Nachher: die gepflegte Goldhaube


Vorher: der Kamm ist falsch eingenäht

Nachher: der Kamm ist richtig eingenäht


Vorher: vom häufigen Aufsetzen ist die Goldhaube schon sehr zerdrückt, sie hat eine Helmform

Nachher: durch das Ausbiegen des Drahtgestells hat die Haube wieder eine gerundete Kegelform angenommen


Vorher: die Masche läuft spitz zu

Nachher: das Maschenende verläuft leicht gebogen, die Ecken sind nicht mehr spitzkantig


Vorher: die Masche hat eine Propellerform, dies wird durch Klopapierrollen bei der Lagerung erhalten

Nachher: die Masche verläuft leicht nach unten geneigt und kaschiert den Übergang vom Knauf zum Flügel, die Lagerung erfolgt in diesem Zustand


Vorher: Bouillonfäden sind ausgezogen

Nachher: es stehen keine losen Bouillonfäden mehr weg (mit der Schere lose Enden weggeschnitten, nicht ausgezogen!)


Abschließend nochmals die Haube vorher

und die Goldhaube nachher